Streuobstwiese
Neben unserem Permakulturhof bewirtschaften wir zwei Streuobstwiesen mit insgesamt knapp drei Hektar Fläche. Streuobstwiesen sind nicht nur die traditionellste Form der Agroforstwirtschaft, sie sind auch einer der artenreichsten Lebensräume Mitteleuropas und zugleich ein vermittelnder Anknüpfungspunkt zwischen Landwirtschaft und Naturschutz.
Auf unseren Streuobstwiesen finden sich ausschließlich alte Obstsorten auf robusten, hochstämmigen Bäumen. Diese wurzeln tief, weisen gute Resistenzen gegen typische Obsterkrankungen auf und sind so für die bevorstehenden klimatischen Veränderungen gut gewappnet.
Obst kennen wir heute vor allem als Tafelobst. Das war nicht immer so. Noch vor hundert Jahren war es üblich, dass jeder Haushalt seine Vorräte für die oft langen Brandenburger Winter selbst anlegte. Da musste es hier wie andernorts eine Obstsorte für jeden Zweck geben. So gibt es unter den alten Sorten solche, die sich besonders zum Frischverzehr eignen, andere, die frisch vom Baum ganz gräußlich schmecken und erst Monate gelagert werden müssen, bevor sie dann mitten im Winter süß und lecker aus dem Naturkeller geholt werden um glänzend rot auf den Feiertagstellern von Groß und Klein zu landen. Wieder andere Sorten schmecken frisch gut, sind aber kaum haltbar, dafür lassen sich aus ihnen bestes Muß, leckere Konserven oder erfrischender Saft herstellen. Wieder andere besonders gerbstoffhaltige Sorten können roh eigentlich nicht verzehrt werden, sind aber bestens geeignet für die Herstellung feiner Fruchtweine und Schnäpse.
Die größere unserer beiden Streuobstflächen, die uns großzügigerweise von der Flächenagentur Brandenburg zur Verfügung gestellt wird, haben wir mit Sorten bepflanzt, die sich besonders gut für hochwertige sortenreine Säfte, Birnenwein und zur Herstellung von Hochprozentigem eignen.
Unsere Saftsorten sind
Hauxapfel: Reif im Oktober haltbar bis März. Geschmack: mittelhoher Zucker-, hoher Säuregehalt, fruchtig. Ein Zufallssämling aus dem Kreis Göppingen (Württemberg), in der Baumschule Haux 1920 gefunden wurde.
Schöner von Boskoop: Bereits 1856 als Zufallssämling bei Boskoop (in der Nähe von Gouda, Niederlande) gefunden. Die großen Äpfel, die häufig über 200 g wiegen, reifen Ende September bis Mitte Oktober und sind bis März haltbar. Sehr gesunder, landschaftsprägender Baum mit wuchsstarker, ausladender Krone. Der Apfel ist auch für Allergiker genießbar.
Goldparmäne: Die Königin der Renetten, ein Klassiker unter den Äpfeln. Reife von Mitte bis Ende September dann bis Dezember haltbar. Eine sehr alte Sorte, vermutlich um 1510 in der Normandie entstanden. Die Goldparmäne galt über viele Jahrhunderte als eine der besten Tafelobstsorten und ist auch heute noch der Star in vielen Gärten im Oderbruch und in ganz Europa .
Korbiniansapfel: Schon wegen seiner ganz besonderen Geschichte, verdient dieser Apfel unsere Aufmerksamkeit. Er wurde gezüchtet von Korbinian Aigner während seiner Gefangenschaft im KZ Dachau und ist ein fruchtgewordenes Zeichen des Widerstandes gegen den menschenverachtenden Wahn des Faschismus. Der Korbiniansapfel ist zum Frischverzehr ebenso wie zur Saftgewinnung geeignet und wird zwischen Oktober und November reif, er ist dann bis in den Frühling hinein lagerfähig.
Clapps Liebling: Eine der beliebtesten Birnensorten im Oderbruch. Reif ist sie bereits ab August. Sie ist sehr saftig, schmelzend und süß. Der Baum ist an das harte Klima des Standortes optimal angepasst. Die Birne wurde einst als Zufallssämling in Massachusetts um 1860, von Thaddäus Clapp gefunden.
Zu hochwertigen Birnenwein und -Brand wollen wir diese Sorten verarbeiten:
Metzer Bratbirne: Ein Zufallssämling aus Metz (Frankreich), 1883 erstmals beschrieben. Ein landschaftsprägender Baum mit kräftigem Wuchs, großer und hochgewölbter, imposanter Krone. Die Frucht ist klein bis mittelgroß, kreiselförmig, sehr stark graubraun berostet, festfleischig, grobkörnig und roh nahezu ungenießbar wegen ihres hohen Gerbstoffgehaltes, der sie aber in Kombination mit dem einem Zuckergehalt von bis zu 90′ Oechsle zur idealen Wein- und Destillierbirne macht
Reife: Mitte bis Ende Oktober, dann einige Wochen haltbar.
Bayrische Weinbirne: bekannt seit 1906, Reifezeit Oktober, 6 Monate lagerfähig, sehr saftiges Fruchtfleisch mit herrlichem süß-herben Aroma. Der Baum ist feuerbrandresistent, winterhart, an rauhes Klima gewöhnt und wenig anfällig für Krankheiten, somit eine gute Streuobstsorte. Ideal zum Mosten und Dörren.
Auf der zweiten kleinen Streuobstwiese werden alte Apfel- und Birnensorten gepflanzt, um ihre Besonderheiten für zukünftige Generationen zu bewahren:
Bittenfelder Sämling
Roter Eiser
Signe Tillish
Hasenkopf
Malus Sieversii
Edelborsdorfer
Roter Neubarnimer
Sept en Gueule
Grosser Katzenkopf
Gellerts Butterbirne
Idared